Montag, 4. August 2008
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Ich stand in einer Bäckerei vor einer soliden Auswahl an Broten, Brötchen und Brezen. Meine Bestellung wurde von der Bäckereifachverkäuferin mit flinken Händen verpackt und ich verneinte ihre Frage, ob es noch was sein dürfte. Beim Bezahlen blickte ich die Verkäuferin bewusst an, erst jetzt fiel mir ihre außerordentliche Erscheinung auf. Die asketische Bäckerdame schien darauf bedacht zu sein, möglichst ihre Weiblichkeit außen vor zu lassen, im Gegenteil, sie setzte darauf möglichst männlich zu wirken. Dazu trugen die Physiognomie, die keinerlei weiblichen Rundungen andeutete, das kantige Gesicht, die kurzgeschorenen Haare und das Fehlen jeglichen Make-ups bei. Und ja, wenn man nicht genau hinschauen würde, könnte man vor einer männlichen Bäckereifachkraft, die nur durch ihr Namensschildchen entlarvt werden würde. Fraulein Bürstner im Männerkostüm.
Ich dachte mir, komisch, dass es eigentlich keine Männer gibt, die Bio-Brote, Himbeerschnitten oder Mohnsemmeln verkaufen. Warum denn nicht? Gibt es mittlerweile nicht auch zahlreiche junge Männer, die sich als Tippseriche in Supermärkten versklaven lassen. Traut man Männern den direkten Umgang mit Lebensmitteln nicht zu? Oder gilt es schlichtweg als weibisch Milchbrötchen zu verkaufen? Damit stellt sich doch die Frage, nein ist es mehr Ausrufezeichen, dass Frauen, wenn sie typische Männerberufe ausüben, für ihre Toughness gelobt werden. Dem Gegenüber werden Männer, die typische Frauenberufe ausüben, für schwul gehalten. Das Klischee vom homosexuellen Friseur mag dafür herhalten, welches von Udo Walz bestens verkörpert wird. „Klassische“ Frauenberufe scheinen offensichtlich ein Prestigeproblem zu haben, was anhand von entsprechenden Arbeitszeiten und Bezahlung auch verständlich wird. Werden die jungen Männer, denen der Ehrgeiz fehlt, hinter der Theke stehen und säuselnd fragen, ob es noch mehr sein darf; währenddessen die meisten jungen Frauen die Universitäten stürmen, um dann in Meetings und Vorstandssitzungen ihr Vorhandensein zu fristen? Noch nicht, aber es wird offensichtlich bald kommen, spätestens dann, wenn man den ersten Bäckereifachverkäufer sieht.

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